Samstag, 2. November 2013

ZÜRICH: HUNDEHERZ

wollten sie auch immer schon mal einer hirnoperation beiwohnen, live? bitte: zunächst wird der patient notdürftig geduscht, ein bisschen dreck bleibt noch kleben, dann ein scharfer schnitt quer über die stirn, blut spritzt in alle richtungen, die brechzange kommt zum einsatz, auf dem tisch liegt das ersatzorgan, eine menschliche hypophyse, bereit unter, sagen wir mal, hygienisch suboptimalen bedingungen, der ausführende professor preobraschenski atmet schwer, der patient atmet noch. der patient heisst sharik und ist ein hund. die operation geht schief: statt einem verjüngten hund resultiert ein mensch mit animalischen instinkten, die er bis zum finalen abmurksen seiner entourage voll auslebt. die schöpfung wendet sich gegen ihren schöpfer; kein wunder, war michail bulgakows erzählung „hundeherz“ in der sowjetunion zu zeiten der kommunistischen volksbeglückung verboten. jetzt hat sich pedro martins beja diese ätzende satire im zürcher theater neumarkt vorgeknöpft – und nicht nur die zentrale operation, sondern der ganze abend ist ein fulminantes spektakel für augen und ohren und, ja eben, hirn: das gesellschaftliche experiment wird in jeder beziehung ausgeweidet. maximilian kraus als sharik winselt und schnaubt und hetzt, dass man zum hundefreund werden könnte, und sagt dann plötzlich mal ganz ordinäre und mal ganz kluge dinge. ein durchtriebener hund. ein gefährlicher hund. ein genialer hund, dieser junge mann.

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