Montag, 11. November 2013

FRANKFURT AM MAIN: EZIO. EZIO WHO?

eine winzige gipsstatue des römischen kaisers valentinian, kaum 40 zentimeter gross, steht auf der spiegelglatten, schwarz lackierten bühne der frankfurter oper. sonst nichts. so klein, so verloren können die grossen posen der mächtigen wirken. und so gross dagegen die gefühle, die diese menschen hinter der fassade tatsächlich umtreiben: um die weisse statuette herum lässt regisseur vincent boussard die menschen hinter den posen in originalgrösse agieren und die geschichte des feldherrn ezio erzählen. ezio? der hiess im richtigen leben flavius und verlor selbiges, weil er in der folge einer liebesintrige fälschlicherweise eines mordkomplotts gegen den kaiser verdächtigt wurde. doch christoph willibald gluck komponierte seinen selten gespielten "ezio" 1750, als nicht historische übereinstimmung gefragt war, sondern der didaktische optimismus der aufklärung. weshalb ezio hier vom kaiser begnadigt wird - nach ellenlangen rezitativen und wortkaskaden, die die handlung nur referieren, nicht vorantreiben. boussard nutzt die fehlende action, um das machtpersonal mit all seinen nöten und neurosen, seinen obsessionen und narzisstischen störungen äusserst präzis zu zeichnen. christian curnyn unterstützt ihn aus dem orchestergraben aufs trefflichste, und die altistin sonia prina als ezio ist das zentrum eines ensembles, das das volle spektrum der musikalischen farben zum glänzen bringt. apropos farben: stardesigner christian lacroix hüllt die protagonisten in edle stoffe und joachim klein taucht sie in edles licht, üppigste opern-kulinarik also. kulinarik immerhin mit klugem konzept. begeisterter premièrenapplaus.

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