Sonntag, 17. November 2013

MÜNCHEN: DER FLUCH DER DREHBÜHNE

für verdis „trovatore“ hat pierre-andré weitz der bayerischen staatsoper eine gigantische drehbühne mit einer art bergwerk gebaut, mit blechhütten und einer dampflok, mit leitern, aufzügen und riesigen zahnrädern (nun ja, die oper als kraftwerk der gefühle wieder mal). ein bühnenbild fast noch komplexer als die story von den zwei brüdern luna und manrico, die für unterschiedliche politische ideale, aber um die gleiche frau kämpfen, ohne zu wissen, dass sie brüder sind. weil so eine drehbühne enorm aufwändig ist, muss sie amortisiert, also dauerbewegt werden. nicht sopran, mezzo, tenor und bariton sind hier die protagonisten, sondern geschätzte 40 bühnenarbeiter, die das monströse teil permanent schieben, drehen, wenden. bei so viel aktivismus und so vielen visuellen reizen bleibt paolo carignanis dirigat, das nicht auf vordergründige effekte, sondern auf differenzierte zeichnung setzt, einigermassen chancenlos. die bühne stiehlt verdi die show. und regisseur olivier py setzt noch einen drauf: einmal wird der tenor variétémässig in zwei teile zersägt, einmal fesselt ihn seine vermeintliche mutter mit einer langen roten leine an sich (aha, nabelschnur-kompensation, erkennt der vulgärpsychologe sofort). und dann: im vierten akt kommt die überstrapazierte drehbühne endlich mal zur ruhe und krassimira stoyanova (leonora) singt, ganz allein im grossen dunklen raum, ihre arie von den seelenqualen und der todessehnsucht der zwischen den beiden männern hin- und hergerissenen, berührend und beklemmend. die melodie steht erstmals an diesem abend im mittelpunkt, ein grossartiger moment für eine grossartige stimme. wogegen die stimme von lokalmatador jonas kaufmann (manrico), dem die älteren groupies hier nach wie vor ungebremst zujubeln, im piano und in tieferen lagen glanzlos bis gequetscht wirkt, kurz: die zukunft schon hinter sich hat.

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