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21.november 1963 wurde die wiederaufgebaute bayerische staatsoper mit richard
strauss´ „die frau ohne schatten“ eingeweiht. auf den tag genau 50 jahre später
gibt kirill petrenko, der kleine prinz des musiktheaters, mit dem gleichen werk
sein début als generalmusikdirektor an diesem haus. und wie! das märchen von
zwei ungleichen paaren, einem aus der zauberwelt und einem irdischen, die beide
keine kinder kriegen, weil die eine frau nicht will und die andere nicht kann
(also „ohne schatten“ ist), und die dann fruchtbarkeit gegen ewige jugend
tauschen wollen, dieses komplexe märchen leuchtet petrenko in allen farben aus;
traumwandlerisch findet er mit dem bayerischen staatsorchester und hochkarätigen solisten den mittelweg
zwischen transparenz und geheimnissen und liefert so den perfekten soundtrack
zur psychoanalyse oder, sehr treffend im programmbuch, zur „pathografie der
zeitgenössischen ehe“. kongenial verlegen der polnische regisseur krzysztof
warlikowski und seine bühnenbildnerin malgorzata szczesniak (die psychologie
studiert hat!) die handlung in ein kurhaus, spielen mit visuellen elementen aus
„zauberberg“, „l’année dernière à marienbad“ und „rosenkavalier“ und tauchen
ein in die wünsche, träume und blockaden der beiden paare. betörend und
verstörend. einem scheuen reh entschlüpft ein kleines mädchen mit feuerrotem
haar und blutrotem kleid, in einem riesigen aquarium schwimmen nur fünf
(tote) fische, auch king kong schaut vorbei und wir werden mit den
protagonisten durch furchterregende wälder und menschenleere friedhöfe gejagt, prüfung
und erlösung: willkommen in der praxis dr. freud! und am ende die utopie: „die
stimmen der ungeborenen“ als 80köpfige, bühnenfüllende kinderschar, bunt und
wild und von heute. 80 möglichkeiten für morgen.
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