es ist
ein opernhafter rausch! wer nur die bilder dieser inszenierung sieht, tippt auf
eine buffa von rossini oder einen völlig exaltierten „rosenkavalier“:
kümmerliche gestalten in pastellfarbenen witzkostümen, üppig gepudert und grell
geschminkt und waghalsig perückiert, werden durch eine ausgeklügelte lichtregie
in tiefen orange-, lila-, violett- und gelbtönen gebadet. doch die
bonbonfarbene orgie gilt keiner oper, sondern einer russischen komödie. was
herbert fritsch zu beginn seiner steilen karriere als regisseur vor sechs
jahren in luzern mit molières „der geizige“ angedacht und ausprobiert hat,
treibt er am residenztheater in münchen mit gogols „der revisor“ jetzt dem
höhepunkt entgegen. die verlogene korruptheit und die penetrante geilheit der
provinz, die angesichts des angekündigten kontrollbesuchs aus der hauptstadt
kaschiert werden sollen und dann umso ungebremster zu tage treten, illustriert
fritsch mit entfesseltem körpertheater, für das ihm hier ein entfesseltes
ensemble zur verfügung steht. die komödie wird zum perfekt choreografierten
comic; wörter werden gekaut und ausgespuckt oder in den saal geschleudert,
durch grimassen gequetscht oder bis zur unverständlichkeit in abartige körperstellungen
gepackt. alles politisch unkorrekt, alles sexistisch überdreht: fritsch entlarvt
das brüderle in uns allen (première war vor
der aktuellen aufschrei-debatte). die redundanz der botschaft – gelogen wird
faustdick und überall und immer – ermüdet gelegentlich, und trotzdem hat diese
inszenierung mit ihren messerscharfen wortkaskaden und ihren visuellen überreizen
das zeug zum kult. keine oper, aber grosse oper.
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