die frau, die stadt, der tod. der
schatten von maría wandelt nach ihrer beerdigung ziellos zwischen
grabdenkmälern und schreibt im halbdunkel einen traurigen brief an die bäume
und die kamine der stadt, man möge maría nicht vergessen. „maría de buenos
aires“ ist die tango-oper des argentinischen komponisten astor piazzolla und
des uruguayischen poeten horacio ferrer: sie zeichnen die geschichte der
textilarbeiterin aus den einwanderervierteln, der das bandoneón versuchung und
verhängnis wird, als musikalisch-melancholische metapher für die ganze stadt,
mit all ihren legenden und all ihren dramen. unterstützt von michael zismans
hervorragendem tango-orchester zaubert der choreograph oliver dähler jetzt
einen hauch von buenos aires auf die bühne des churer theaters (ja, chur!), mit
einfachsten mitteln: ein paar flackernde schwarz-weiss-projektionen von
nächtlichen strassenzügen, fahlblaues laternenlicht, halbseidene milonga-eleganz.
ins zentrum rückt er 14 menschen, ältere tänzerinnen und tänzer, allesamt laien
– sie sind die bäume der stadt, die
kamine, die grabdenkmäler. in ihren bewegungen und in den falten ihrer
gesichter sind geschichten festgeschrieben, geschichten von hoffnungen und
ängsten; diese geschichten aus chur vermischen sich mit den geschichten aus
buenos aires. zwei sänger, zwei tango-profis und ein leider oft von der musik
zugedeckter sprecher setzen zwischendurch eigene akzente zu diesem community
dance, vokale und literarische reflexionen über die vergänglichkeit. so
entsteht um maría ein mächtig mäandrierender tango-reigen. eine hymne an eine
stadt. hymne und psychoanalyse gleichermassen.
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