zwölf
sehr gute schauspielerinnen und schauspieler – brüllen herum, schmieren sich
schwarze farbe ins gesicht, brüllen wieder herum, gackern wie hühner, bellen
wie hunde, werfen mit doofen stofftieren um sich, machen wasserschlachten,
brüllen herum. der katalane calixto bieito (von dem ich in basel schon einen
radikalen, klugen „don carlos“ gesehen habe) inszeniert am residenztheater in
münchen den „kirschgarten“ von anton tschechow und verdammt zwölf sehr gute
schauspielerinnen und schauspieler dazu, permanent auf kindergeburtstag zu
machen. ok, herr bieito, wir haben verstanden: tanz auf dem vulkan. die zeiten
ändern sich und mit ihnen die finanziellen verhältnisse, der kirschgarten wird
versteigert und abgeholzt. bieito macht nicht nur den kirschgarten zu
kleinholz, sondern auch das landhaus der ranjewskaja, das schon zu beginn
ausschaut wie ein ausgebombter rohbau, und – schlimmer noch – den gesamten
stücktext. tschechow charakterisiert zwölf menschen nach ihrer ganz und gar
unterschiedlichen einstellung zum wechsel der zeiten. hier wird niemand
charakterisiert, hier fällt jeder charakter dem oberflächlichen lärm und der
oberflächlichen hektik zum opfer. dass am ende der uralte diener firs in diesem
eindrücklichen sperrholz-desaster, das von der bühne übrigbleibt, einen neuen
kirschbaum pflanzen darf, ist nach diesen zwei stunden unerträglicher
edelkitsch.
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