Dienstag, 5. Juni 2012

BREGENZ: DANH VÕ ZWISCHEN DEN WELTEN

ngô thi ha ist eine alte frau aus vietnam. sie überlebte den tod ihres mannes, der 1961 während der amerikanischen intervention umgebracht wurde; sie überlebte den tod ihres sohnes, der 1950 einem schlangenbiss erlag; sie überlebte den tod ihres enkels, der 1975 in den wirren nach dem fall von saigon umkam. als ngô thi ha vor ein paar monaten starb, erschien in der „los angeles times“ auf der seite mit den todesanzeigen eine kurze notiz, die an dieses leben erinnerte, geschrieben von ihrem grosskind, dem künstler danh võ (*1975), der in kopenhagen studiert hat und in basel lebt. in ein paar wenigen zeilen blitzt ein bewegtes leben auf. die seite mit dieser unscheinbaren notiz liegt jetzt auf einem unscheinbaren holztisch im kunsthaus bregenz, wo danh võ für seine grosse ausstellung alle drei obergeschosse zur verfügung stehen. nur ein paar wenige objekte stellt oder hängt der künstler in diese riesigen räume: da eine postkarte, die das martyrium eines französischen missionars im vietnam des 19.jahrhunderts zeigt, dort ein bild von soldaten in uniform, die sich zärtlich die hand reichen. dazwischen nichts, meterweise sichtbeton, radikale reduktion statt reizüberflutung. durch diese geradezu mystische leere zwingt danh võ den besucher zum genauen hinschauen, zur andacht. er nimmt ihn mit auf eine reise – auf seine reise von ost nach west, die ihm immer wieder neue antworten abverlangt zu fragen des kolonialismus, der migration, der identität.

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