Sonntag, 7. September 2025

LUZERN: PETER GRIMES

peter grimes ist ein einsamer fischer in east suffolk, zwei seiner lehrlinge kommen unter ungeklärten umständen zu tode, ein sensibler mensch wird so zum aussenseiter, von der dorfgemeinschaft vertrieben, gehetzt, zuletzt richtiggehend gejagt: ein horror-trip. die oper „peter grimes“ von benjamin britten (1945), die das luzerner theater und das lucerne festival unter der musikalischen leitung von jonathan bloxham koproduzieren, trägt autobiographische züge, britten fühlte ähnlich wie grimes. eine gewaltige mauer zieht sich in luzern quer über die bühne, als metapher fürs ausgeschlossensein, eine mauer vor völlig unpassenden und grell ausgeleuchteten weissen stoffbahnen, null zwielicht, null stimmung (ein „mangelhaft!“ für bühnenbildner valentin köhler und lichtdesigner petri tuhkanen). diese mangelnde subtilität zieht sich leider durch in der inszenierung von wolfgang nägele. die dorfgemeinschaft ist eine ansammlung von karikaturen, tussen auf rollschuhen, präpotente jungs, torkelnde deppen: das unterschwellige, das in dieser masse und in der musik gärt, das hinterhältige und heimtückische und unheimliche bleiben so völlig auf der strecke, tohuwabohu statt tiefe. die grossartigen zwischenspiele („sea interludes“), in denen britten die wucht des meeres mit der menschlichen seele verbindet, meint die regie mit stummen szenen mindertalentierter chormitglieder illustrieren zu müssen. sorry, das ist übles landtheater – und ein massaker an der musik. es grenzt an ein wunder, dass es den protagonisten trotz diesem umfeld gelingt, eindrücklichste charakterstudien zu zeichnen. brett sprague ist schlicht phänomenal als peter grimes, sein strahlender tenor umfasst die ganze palette von hochdramatisch bis lyrisch, ein zwischen illusionen und verzweiflung zerrissener, bemitleidenswerter mann. eyrún unnarsdóttir und vladyslav tlushch berühren ebenso tief als seine freunde, die auch in schwierigsten zeiten zu ihm halten. retten können sie den abend nicht. eine dunkle, schwarze geschichte wird hier knallbunt dargeboten, musical statt psychodrama. das ist ein grandioses missverständnis.