bettina
oberli kennt man als filmregisseurin („die herbstzeitlosen“, „tannöd“, „wanda,
mein wunder“), oper war bis jetzt nicht so ihr ding. ihr debut mit tschaikowskis
liebesdrama „eugen onegin“ am luzerner theater darf als durchaus gelungen
bezeichnet werden. in allen drei akten steht eine figur im zentrum, drei mal
gelingt oberli eine eindrückliche, die musik sehr ernst nehmende psychostudie:
im ersten akt verzehrt sich tatjana (eyrún unnarsdóttir mit dramatischem sopran)
in ihrer von onegin unerwiderten liebe und schreibt den berühmten brief aufs
höchste erregt mit kreide an die wände ihrer kammer. im zweiten akt zeigt ziad
nehme mit betörendem tenor einen zutiefst verzweifelten, vor eifersucht kranken
lenski, der vor dem duell mit onegin von todessehnsucht erfüllt ist. und der
schlussakt wird dominiert von onegins grossem monolog über verpasste chancen,
unerfüllte träume, ein nicht gelebtes leben; mit warmem bariton findet der
junge jiří rajniš zur finalen melancholie. drei wirklich grosse szenen. warum
kapellmeister jesse wong der kitschgefahr des tschaikowski-sounds vor allem mit
lautstärke begegnet, warum kostümbildnerin laura locher einige figuren in
pippi-langstrumpf- und bajazzo-kostüme steckt und warum onegin zum duell eine
art biene maja als sekundanten mitbringt – das bleiben die irritierenden geheimnisse
dieses abends. und vielleicht war ja alles auch ganz anders. vielleicht haben
sich die beiden männer geliebt, was mit bezug auf tschaikowskis biografie nachvollziehbar
wäre. diese möglichkeit wird hier nur kurz ins spiel gebracht, in einem entscheidenden augenblick allerdings: durch einen angedeuteten, dann abgebrochenen kuss zwischen
lenski und onegin unmittelbar vor ihrem tödlichen duell. noch so ein intensiver moment.
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