Samstag, 19. November 2022

MÜNCHEN: NEWS FROM THE PAST

1931, 1932, 1933….. was da in deutschland lief, ist bekannt. und in der ukraine? der kyiver regisseur stas zhyrkov lässt im werkraum der münchner kammerspiele zwei schauspielerinnen und zwei schauspieler aufeinander treffen, zwei aus der ukraine, zwei aus deutschland. das ziel: ein radio-feature über vergangenheit und erinnerung, gewalt und leid und die zyklische wiederkehr des grauens. „news from the past“ beginnt mit aufnahmen aus radio-archiven statisch, entwickelt dann aber sehr schnell einen enormen sog: wenn berichtet wird, wie während dem holodomor, der von russland inszenierten hungersnot in der ukraine, in den dreissiger jahren millionen menschen starben und gleichzeitig attraktive kochbücher erschienen. oder wie stalin die spannendsten intellektuellen in charkiw umbringen und die ukrainische kultur auf ländliche folklore reduzieren liess. diese hinrichtung der kultur hinterlässt spuren bis jetzt: „damals tötete man uns, die zukünftigen menschen, wir wären andere“, sagt der 32jährige schauspieler dmytro oliinyk, „wir wären andere...“ seine kollegin vitalina bibliv fasst das ukrainische trauma zusammen: „die russen töten uns seit jahrhunderten – und die ganze welt denkt nur an dostojewski und ballett.“ welt, mach eine pause. „wir sind müde geworden“, sagt vitalina, die in der ukraine eine bekannte schauspielerin ist und dieses jahr zur chefin eines luftschutzbunkers wurde. sie hat es gern gemacht, sie war nützlich, sinnvolle arbeit in einem sinnlosen krieg. der beste freund von dmytro verlor bei der annexion der krim beide beine und jetzt im krieg das leben. dmytro schreibt den namen des freundes auf einen zettel, er kniet am boden, daneben leere zettel noch ohne namen, das vakuum in seinem kopf füllt den ganzen raum. man sitzt da, zutiefst betroffen und berührt. sie weinen, sie verzweifeln, sie schreien, sie sind erschöpft. und das tröstliche an diesem abend: sie geben nicht auf, sie schauen dem monster in die augen.

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