Dienstag, 15. Februar 2022

LUZERN: SIMONE FELBERS IHEIMISCH

was man bei einem konzert mit dem titel „iheimisch“ nicht unbedingt erwarten würde: prominent in der mitte der bühne ein indisches gebetsharmonium. sieht ähnlich aus wie diese alten holz-radios bei unseren grosseltern, ist transportfähig und einfach in der handhabung: die rechte hand spielt auf ein paar wenigen tasten, die linke bedient einen klappbalg. englische missionare brachten diese harmonien in der kolonialzeit nach indien, damit die musik auf ihren weiten reisen nicht zu kurz kam. deshalb heissen die dinger auch „missionarsorgel“. zum tönen bringt die sängerin simone felber (die von der klassik kommt) dieses instrument zusammen mit diversen schwyzerörgeli von adrian würsch (der von der volksmusik kommt) und dem kontrabass von pirmin huber (der vom jazz kommt) – und mit ihrer grandios vielseitigen mezzo-stimme. das ergibt eine kombination, bei der die post abgeht und die das publikum auch im luzerner kleintheater restlos begeistert hat. die drei, die sich an der musikhochschule luzern kennenlernten und sichtlich spass haben zusammen, beginnen oft ganz unverfänglich in folkloristischen gefilden, schmützli, büebli, „ha ame ne ort es blüemeli gseh“, steigern dann rhythmus und volumen, jodeln und klimpern und zupfen wild drauflos und entwickeln einen groove und eine energie jenseits aller musikalischen kategorien. wann wird heimisches fremd und wann wird fremdes heimisch? das ist die frage, die die drei interessiert – und wie sie beim experimentieren die grenzen zwischen vertrautem und exotischem verwischen, ist hohe schule. wenn simone felber die geschichte einer hexe aus dem luzerner hinterland singt, quietschend, kichernd, kreischend, dann ist das kein lied mehr, kein konzert, sondern eine grosse und witzige performance – zum thema „iheimisch“.

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