Samstag, 26. Februar 2022

GENOVA: ANNA BOLENA

ich war gewarnt und, ja, jetzt kann ich es selbst bezeugen: das teatro carlo felice in genua, erbaut 1991 von aldo rossi, ist das mit abstand hässlichste opernhaus der welt. die aufgänge erinnern an osteuropäische metrostationen, zu viel weisser marmor, zu viel messing, das foyer wirkt mit seinen scheusslichen ölgemälden und überdimensionierten neureichen skulpturen mehr aus- als einladend und im zuschauerraum weiss man nicht, ob er von einem fischerstädtchen oder einem adventskalender inspiriert ist, anstelle der logen fensterchen mit grünen fensterläden (!!), ein bisschen holzkitsch da, ein bisschen roter samt dort, dazu als bühnenvorhang eine monströse kubismus-imitation. nix passt zu nix, krieg der stile, es ist der olymp der geschmacklosigkeit. absolut passend dazu dann die inszenierung von donizettis "anna bolena", auch hier von allem etwas. weil regisseur alfonso antoniozzi die zeitlosigkeit des stoffes unterstreichen will (warum eigentlich?), gibt es tudorkragen und charlestonkleider, fascho-uniformen und ritterrüstungen, der könig trägt einen rübezahl-mantel, alles kreuz und quer. die konfliktreichen konstellationen in der tragischen geschichte der zweiten der sechs ehefrauen von heinrich VIII. interessieren den regisseur dagegen kaum: gesungen, resp. geschmettert wird mehrheitlich an der rampe, die personenführung beschränkt sich auf die drei handelsüblichsten operngesten. und bei der verkündung des todesurteils gegen anna stehen die männer des herrenchors mit cocktailgläsern rum, keine aufregung, kein mitgefühl, alle ungerührt wie auf einer langweiligen party. man fragt sich immer wieder, ob der regisseur bei den proben überhaupt dabei war.

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