Mittwoch, 30. September 2020

ZÜRICH: SPAGAT

ein vielversprechendes debut! „spagat“ am zurich film festival ist der erste lange spielfilm des gebürtigen luzerners christian johannes koch (34). er erzählt darin, auf schweizerdeutsch und russisch, viele subtil miteinander verwobene geschichten: die der lehrerin marina, der das leben mit mann und tochter auf dem land zu monoton wird. die des ukrainers artem, mit dem sie eine affäre beginnt und der ohne papiere in der schweiz arbeitet. die seiner 15jährigen tochter ulyana, die als talentierte kunstturnerin keinen erfolg haben darf, weil sonst der vater auffliegen könnte. der spagat, den ulyana im training aufs eleganteste hinkriegt, wird zum symbol für alle diese geschichten: alle versuchen den - dann letztlich unmöglichen - spagat zwischen sehr verschiedenen welten, zwischen ost und west, zwischen spiessig und illegal, zwischen intakter fassade und turbulentem innenleben. alles ist schwierig, alles ist brüchig. nicht nur was christian johannes koch erzählt, macht diesen film sehenswert, sondern vor allem auch, wie er es erzählt. dass er ursprünglich fotografie studierte, zeigt sich in jeder einstellung: er wählt ein tempo, das den bildern raum gibt und zeit lässt, er zeigt bauernhöfe, schulhäuser und wohnblocks von grandioser tristesse und er verweilt viel und lange auf den gesichtern, sehr lange, sehr nah, sehr intensiv, bis diese gesichter dinge erzählen, die mit worten so nicht zu erzählen wären. diese sorgfalt auf der visuellen ebene und ein vorzüglicher cast (vor allem rachel braunschweig als marina und masha demiri als ulyana) machen „spagat“ zu einem intimen, berührenden kammerspiel. dieser film ist eine ebenso sanfte wie beharrliche erinnerung an die vielen traurigen geschichten, die uns immer umgeben.

2 Kommentare:

  1. Sehr schön , einmal ein Gesellschaft Kritischer Beitrag. War erfrischend.

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  2. Sehr sehr guter Film, danke

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