Dienstag, 25. Februar 2020

MÜNCHEN: RADIO, EINE SCHLECHTE SACHE

„es ist eine sehr schlechte sache. man hatte plötzlich die möglichkeit, allen alles zu sagen, aber man hatte, wenn man es sich überlegte, nichts zu sagen.“ was wie eine durchaus realistische vorahnung auf die social-media-kanäle im dritten jahrtausend klingt, sagte bertolt brecht 1932 – übers radio. die einseitigkeit des mediums, die stumme rolle des publikums machten aus dem radio-skeptiker dann immerhin den radio-theoretiker und -experimentierer. seine versuche, neue formen von öffentlichkeit zu schaffen, werden sehr schön nachgezeichnet in der ausstellung „radio-aktivität – kollektive mit sendungsbewusstsein“ im münchner lenbachhaus. auch walter benjamin versuchte sich als praktiker: unter anderem mit kindersendungen, in denen er zum beispiel das wesen der berliner schnauze erklärte. der philosoph und kulturkritiker als freund der kinder, was für eine trouvaille. es gab die arbeiter-radio-bewegung, die mit eigenen sendern und bastelsätzen möglichst vielen den zugang zum neuen medium öffnen wollte. doch als dieses zunehmend zu propagandazwecken missbraucht wurde, fand der aufstand der hörer, den brecht postulierte, nicht statt. die idee von schrankenloser kommunikation in beide richtungen blieb eine utopie. heute twittern präsidenten schwachsinn und der aufstand des publikums bleibt wieder aus. der mensch als manipuliermasse. wie gehabt.  

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