Montag, 24. Februar 2020

MÜNCHEN: WARTEN AUF GODOT

estragon spielt ein paar töne auf seiner winzigen mundharmonika, ein hauch von melodie, wladimir klappert danach fünf mal fein mit der kastagnette, ein versuch von echo, eine szene von grosser intimität – jonathan müller mit gelbem cap und silas breiding mit blauer wollmütze zaubern am münchner volkstheater viel zartheit in die freundschaft der bekanntesten beckett-figuren. mit dieser zartheit, mit poesie und leichtigkeit füllen die beiden die weitgehend leere, schwarze bühne. regisseur nicolas charaux liegt viel an der konzentration auf die sprache, der wirkung einzelner worte, am pingpong der satzfetzen; das optisch und actionmässig überbordende überlässt er den beiden nebenfiguren, dem reichen pozzo und seinem sklaven lucky, die zwei irritierende auftritte hinlegen in dieser öde. kaum ein stück schaut man sich je nach persönlicher lebensphase und -situation immer wieder so anders an wie „warten auf godot“. worauf warten die beiden denn? beckett hat es offen gelassen. auf gute arbeit, auf erlösung, auf einen schleuser, auf den tod? auch wir können es offen lassen. die fein gearbeitete inszenierung am volkstheater holt das groteske der beckettschen konstellation wieder auf den boden, in unsere nähe: nicht worauf die beiden (und wir) warten, ist hier entscheidend, sondern wie sie (und wir) warten und allenfalls hoffen. immer wieder vergisst der eine, dass und auf wen sie warten; immer wieder sagt es ihm der andere, mal geduldig, mal genervt, mal aufbrausend, mal liebevoll, immer und immer wieder. diesmal also haben wir nicht die geschichte einer absurden sehnsucht gesehen, sondern ein stück über die kraft einer tiefen beziehung. „wir sind unerschöpflich“, freut sich wladimir in einem anflug von heiterkeit einmal. was für ein glück.    

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