estragon spielt ein paar töne auf seiner winzigen mundharmonika, ein hauch von melodie, wladimir klappert danach fünf mal fein mit der kastagnette, ein
versuch von echo, eine szene von grosser intimität – jonathan müller mit gelbem
cap und silas breiding mit blauer wollmütze zaubern am münchner volkstheater
viel zartheit in die freundschaft der bekanntesten beckett-figuren. mit dieser zartheit,
mit poesie und leichtigkeit füllen die beiden die weitgehend leere, schwarze bühne. regisseur
nicolas charaux liegt viel an der konzentration auf die sprache, der wirkung
einzelner worte, am pingpong der satzfetzen; das optisch und actionmässig
überbordende überlässt er den beiden nebenfiguren, dem reichen pozzo und seinem
sklaven lucky, die zwei irritierende auftritte hinlegen in dieser öde. kaum ein
stück schaut man sich je nach persönlicher lebensphase und -situation immer
wieder so anders an wie „warten auf godot“. worauf warten die beiden denn?
beckett hat es offen gelassen. auf gute arbeit, auf erlösung, auf einen
schleuser, auf den tod? auch wir können es offen lassen. die fein gearbeitete
inszenierung am volkstheater holt das groteske der beckettschen konstellation
wieder auf den boden, in unsere nähe: nicht worauf die beiden (und wir)
warten, ist hier entscheidend, sondern wie sie (und wir) warten und
allenfalls hoffen. immer wieder vergisst der eine, dass und auf wen sie warten;
immer wieder sagt es ihm der andere, mal geduldig, mal genervt, mal
aufbrausend, mal liebevoll, immer und immer wieder. diesmal also haben
wir nicht die geschichte einer absurden sehnsucht gesehen, sondern ein stück über
die kraft einer tiefen beziehung. „wir sind unerschöpflich“, freut sich
wladimir in einem anflug von heiterkeit einmal. was für ein glück.
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