Montag, 18. November 2019

MÜNCHEN: KÖNIG LEAR

zwei riesige cyber-monster stehen zur linken und zur rechten des bühnenportals. „heute wird´s heftig“, sagt die ältere dame hinter mir zu ihrer nachbarin – und freut sich. in der tat: aus shakespeares düsterem märchen vom „könig lear“, der sein reich verteilen und von seinen drei töchtern deshalb wissen will, welche ihn denn am meisten liebt, machen die münchner kammerspiele eine brutale endzeit-phantasie, für die thomas melle das original kraftvoll-frisch neu übersetzt und klug weitergedacht hat. ein hammertext, der umso heftiger wirkt, weil regisseur stefan pucher ihn in einer vordergründig bunten szenerie vor rosa wolken spielen lässt und in kostümen, die jeden dolce-gabbana-kitsch locker übertreffen. „the end“ hängt in knalliger leuchtschrift über allem, nicht erst am ende, sondern die ganzen zweieinhalb stunden, das ende lauert überall. das ensemble (ja, sie sind höchst verdient zum „theater des jahres“ geworden) ist einmal mehr schlicht umwerfend in diesem temporeichen kampf der generationen und geschlechter, diesem marathon gegenseitiger herabwürdigungen, der zu einer radikalen umkehrung der machtverhältnisse führen soll, einem wechsel „von der warte der schwachen aus regiert“. das resultat: jeder gegen jeden, spaltung total – und viel blut. „wer ist das, die schwachen?“ fragt lear, bevor er begleitet von bowies major tom über die legendäre heide in den wahnsinn wankt. thomas schmauser at his finest. der alte weisse mann dankt ab, oder besser: zuckt weg. umkehrung der machtverhältnisse, ja. hoffnungsfrohe perspektiven, nein. es ist das alte spiel mit neuem personal. möchten wir da wirklich komplizinnen sein?

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