Montag, 11. Februar 2019

ZÜRICH: ENDSTATION SEHNSUCHT

blanche du bois ist ein wrack. das landgut ihrer familie verlor sie. die vielen männer, die sie hatte, liebten sie nicht. ihre welt ist zerbrochen. immer wieder greift lena schwarz, die diese blanche jetzt am schauspielhaus zürich spielt, zur flasche, sie zittert, sie rauft sich die blonde mähne, wirft wilde blicke um sich, ihre stimme flackert. der schöne aristokratische schein von früher, den sie so gerne aufrecht erhalten möchte, löst sich hinter dieser fiebrigen fassade in nichts auf. eine ergreifende darstellung, ein berührendes porträt. tennesse williams hat mit „endstation sehnsucht“ (1947) den zusammenprall von illusion und realität, von verherrlichter vergangenheit und brutalem alltag meisterhaft beschrieben. blanche landet bei ihrer schwester, die mit einem groben kerl verheiratet ist, der diesem überraschenden familienzuwachs ausser ein paar erotischen reizen gar nichts abgewinnen kann. michael neuenschwander und lena schwarz liefern sich williams‘ zerfleischende dialoge nicht überhitzt und verschwitzt, sondern in eiskalter verzweiflung. regisseur bastian kraft verzichtet auf jegliches südstaaten-setting: die wenigen figuren begegnen sich auf einem leeren, quadratischen podest, das sich ununterbrochen dreht, mal langsamer, mal schneller. was durchaus nervig sein könnte, entwickelt hier eine grosse intensität, einen immer heftiger werdenden strudel der gefühle. besonders eindringliche momente werden in grossaufnahme auf fallenden trockeneis-nebel projiziert und miriam maertens singt neben dem podest grossartig illusionslos ein paar songs von tom waits. noch mehr flackern, noch mehr untergang. blanche endet in der klinik.

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