Dienstag, 19. Februar 2019

GENÈVE: GÖTTERDÄMMERUNG

ein wagner-vollbad gönnt sich die genfer oper zur wiedereröffnung des grand théâtre nach dreijährigem umbau: den ganzen „ring des nibelungen“, vier opern in knapp einer woche. ein stresstest ist dies, ganz offensichtlich auch für die übersetzer der übertitel: wagners „wonniges weib“ wird da zur „femme sublime“, da ist noch luft nach oben. wir beliessen es beim vierten teil der tetralogie, der „götterdämmerung“. regisseur dieter dorn, der die produktion 2013/14 stemmte und jetzt, mittlerweile 84jährig, auch für die wiederaufnahme vor ort war, ist ein meister der exakten personenführung. es gelingt ihm, die geschichte vom ende der alten welt trotz der fülle von figuren und mythologischen verwicklungen mit verständlichen, grosszügigen bildern zu erzählen. in einem eleganten neon-würfel versucht hagen, wie alle in einem historisch inspirierten zeitlosen kostüm, seine halbgeschwister gunther und gutrune für seine intrigen zu gewinnen. so entwirft die regie ohne direkte anspielungen auf heutige politiker und wirtschaftsbosse ein drastisches und aktuelles bild: rivalisierende clans, besitz- und machtgier, eskalation total („ihrem ende eilen sie zu, die so stark im bestehen sich wähnen“). da das grosse ensemble von sehr heterogener qualität ist, entstehen immer wieder unschöne risse im gesamtbild. vor allem petra lang, stimmlich souverän, vermag die differenzierte entwicklung der brünnhilde darstellerisch nur sehr undifferenziert umzusetzen. georg fritzsch dirigiert das orchestre de la suisse romande nicht spektakulär, aber durchaus solide, mit einer subtilen steigerung hin zum utopischen schluss: überaus zart wird die erlösung von den verblendungen angedeutet, derweil wotans walhall im theaterkeller versinkt. dann ist die riesige bühne des grand théâtre schwarz und leer, alles bereit für einen wie auch immer gearteten neuanfang.

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