Montag, 14. Januar 2019
LUZERN: DON GIOVANNI, AUFGEWÄRMT
in
luzern gehört es, befeuert durch die „luzerner zeitung“, zum guten ton, den
theaterintendanten benedikt von peter ganz, ganz toll zu finden, super-innovativ
und super-originell. das führt dazu, dass das premièrenpublikum sogar dann in
euphorie verfällt, wenn herr von peter ihm gar keine echte première serviert,
sondern eine alte idee aus seiner küche. nach der aufgewärmten „traviata“ und
der aufgewärmten „entführung“ aus bremen gibt’s jetzt also auch noch seinen ebenfalls
aufgewärmten „don giovanni“ aus hannover. so viel zum thema super-innovativ. für
seine intendanz in basel wird sich von peter etwas einfallen lassen müssen,
denn wie ich das basler publikum kenne, dürfte es auf aufgewärmtes nicht so warmherzig
reagieren wie die luzerner. und jetzt zum thema super-originell: don giovanni
(jason cox) ist den ganzen abend nicht zu sehen, er muss versteckt im dunkeln
singen, weil sich von peter in ein durchaus kluges zitat von sören kierkegaard verliebte,
wonach don giovanni mehr prinzip als person, eher ein spiegel seiner umgebung
und also gar nicht darstellbar sei. dafür sehen wir auf einem grossen
gaze-vorhang im bühnenportal alle anderen figuren aus seiner optik; gefilmt mit
einer infrarotkamera wuseln sie vor seinen augen herum. macht unter dem strich fast
drei stunden verwackelte schwarzweissbilder. mir wurde nach einer stunde schlecht.
die bühnenhohe videoprojektion ist zudem dermassen dominant, dass die musik in
eine nebenrolle gedrängt wird. nach der pause habe ich mich deshalb konsequent
an kierkegaard gehalten und das geschehen mit geschlossenen augen verfolgt – und
erst so richtig wahrgenommen, wie grandios dirigent clemens heil und das
luzerner sinfonieorchester die erotik und die abgründe in mozarts musik freilegen,
subtil und erschütternd.
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