„seit
meiner kindheit wurde mir gesagt, ich müsse eine kleine schraube in der
grossen, revolutionären maschinerie werden. nur auf diese weise könne ein leben
bedeutungsvoll werden.“ der pekinger regisseur und choreograf tian gebing ist
nicht nur geprägt vom chinesischen drill, er ist traumatisiert. mit „totally
happy“ an den münchner kammerspielen arbeitet er diese belastung auf und ab.
fünf chinesische tänzer, die auch sprechen, und fünf deutsche schauspieler, die
auch tanzen, setzen sich während zwei stunden mit dem gespenst der masse
auseinander: textfragmente von mao, baudrillard, canetti, einzelne gesten,
gelegentlich zusammenhängende szenen. alles taucht auf und verschwindet wieder,
der kollektive wahn, der kollektive lachanfall, die kollektive wut, der
kollektive epileptische anfall, der kollektive untergang. die chinesen und die
deutschen tragen da ihre je eigenen erfahrungen zusammen, mit schaudern und,
ja, gelegentlich auch mit humor. eine collage, halt auch etwas beliebig. höhepunkt ist der
kraftakt eines chinesischen solisten, der den kampf eines menschen tanzt, der
ausbrechen will aus dieser masse, der seine individualität, die in china immer
als sünde abgestempelt war, ergründen will; er wälzt und würgt sich, schlägt um
sich, voller verzweiflung und hart an der schmerzgrenze – die geburt eines
ichs, höchst kompliziert und mit offenem ausgang. und dann skandiert die masse
wieder: „gesetz“, „durchschnitt“, „teilhaben“, „totally happy“. totally happy,
maos nachhaltige gehirnwäsche.
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