Montag, 3. November 2014

MÜNCHEN: GERI STILLER

geri müller ist auf der suche nach seinem wahren ich. geri müller, stirnglatze vor grau-schwarzer wuschelmähne, elegante schwarze hornbrille, graue strickjacke, fahrige bewegungen. nein, es ist nicht geri müller, sondern anatol ludwig stiller, respektive james larkin white, respektive max frisch. aber dass der 58jährige schauspieler august zirner als „stiller“ am münchner residenztheater exakt wie der 54jährige politiker geri müller ausschaut, irritiert den schweizer besucher doch sehr. „warum wollt ihr männer immer so grossartig sein?“ die deutlich jüngere regisseurin tina lanik montiert romanfetzen geschickt zu einer temporeichen, dichten studie über den ü50-mann, den geri müller in uns allen. stiller ist umstellt von den figuren aus seinem leben und – er ist ja bildhauer – von lebensgrossen, giacomettihaften puppen (handspring puppet company), die ihn in gespenstischer choreografie permanent umzingeln und bedrängen und an entscheidende episoden erinnern. läuft so die suche nach dem wahren ich? oder ist es die flucht vor dem wahren ich? kein glück und keine erlösung, nirgends, sondern bloss ein schweisstreibender, oft panischer spiessrutenlauf durch die eigene biografie. identität als wackelpudding. wenn der grelle scheinwerfer zwischendurch immer wieder stillers umrisse scharf auf die seitenwand wirft, dann sieht man dort nicht mehr geri müller, sondern max frisch. kantig. er ist noch unter uns, ein fixpunkt. gutes bild, guter gedanke.

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