geri müller ist auf der suche nach seinem wahren ich. geri müller,
stirnglatze vor grau-schwarzer wuschelmähne, elegante schwarze
hornbrille, graue strickjacke, fahrige bewegungen. nein, es ist nicht
geri müller, sondern anatol ludwig stiller, respektive
james larkin white, respektive max frisch. aber dass der 58jährige
schauspieler august zirner als „stiller“ am münchner residenztheater
exakt wie der 54jährige politiker geri müller ausschaut, irritiert den
schweizer besucher doch sehr. „warum wollt ihr männer
immer so grossartig sein?“ die deutlich jüngere regisseurin tina lanik
montiert romanfetzen geschickt zu einer temporeichen, dichten studie
über den ü50-mann, den geri müller in uns allen. stiller ist umstellt
von den figuren aus seinem leben und – er ist
ja bildhauer – von lebensgrossen, giacomettihaften puppen (handspring
puppet company), die ihn in gespenstischer choreografie permanent
umzingeln und bedrängen und an entscheidende episoden erinnern. läuft so
die suche nach dem wahren ich? oder ist es die
flucht vor dem wahren ich? kein glück und keine erlösung, nirgends,
sondern bloss ein schweisstreibender, oft panischer spiessrutenlauf
durch die eigene biografie. identität als wackelpudding. wenn der grelle
scheinwerfer zwischendurch immer wieder stillers
umrisse scharf auf die seitenwand wirft, dann sieht man dort nicht mehr
geri müller, sondern max frisch. kantig. er ist noch unter uns, ein
fixpunkt. gutes bild, guter gedanke.
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