estamira
lebt auf einer müllhalde in rio de janeiro. seit über 20 jahren. es gibt einen
dokumentarfilm über sie. jetzt spielt die holländische schauspielerin elsie de
brauw diese estamira an den münchner kammerspielen. an einem ganz und gar
aussergewöhnlichen abend. die bühne ist über und über mit kleidern bedeckt, in
allen farben. estamira sucht darin sich und die welt: sie wühlt und wandert und
schreit herum, mal sind es philosophische satzbrocken, mal chaotische. „did you
hear the storm? it was inside me.“ der belgische choreograf alain platel
konfrontiert diese frau mit zwei tänzerinnen und drei tänzern von les ballets c
de la b, sie tauchen auf aus den kleiderbergen und verschwinden wieder, sie
geben estamiras welt eine form und einen inhalt. dies zu behutsam eingespielter
musik von johann sebastian bach, die teilweise – und sehr innig – von gehörlosen
interpretiert wird, was dem abend auch den titel gab: „tauberbach“. so entsteht
ein panorama der menschlichen regungen: mal erinnern die tänzer an glücklich
spielende und experimentierende kinder, mal lieben sie sich ohne scham wie
tiere, mal arrangieren sie szenen, die an christi leidensgeschichte erinnern,
wild und zärtlich, exstatisch und verletztlich. jeder wird hier andere bilder
sehen, jeder wird anderen gedanken nachhängen. auch estamira ist erstaunte
beobachterin, gelegentlich kommentiert sie, gelegentlich greift sie ein. das
ist sprechtheater, musiktheater und körpertheater in einem – und vor allem ist
es eine vollkommene meditation über das menschsein.
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