„manchmal
ist ich sehr schwer“, sagt märz, die hauptfigur in heinar kipphardts gleichnamigem
roman von 1978. alexander märz ist ein hochbegabter, schizophrener künstler,
dem intendant johan simons in der spielhalle der münchner kammerspiele jetzt
einen abend widmet. bettina pommer hat ihm dafür einen hohen, weissen,
klinischen raum gebaut; die zuschauer sitzen auf drei seiten, aufgereiht wie
studenten einer psychiatrie-vorlesung. im fokus steht dann aber keine
krankengeschichte, sondern eine grossartige liebesgeschichte zweier
aussergewöhnlicher menschen. unter den augen von dr. kofler (sylvana krapatsch
mit ausserordentlicher präsenz) turnen thomas schmauser als märz und sandra
hüller als seine ebenfalls kranke freundin hanna in diesem leeren raum herum.
sie reden über reiseträume und naturerlebnisse, über käseherstellung in den bündner
bergen und sex, wirr und herzlich. die beiden spielen den dialog zweimal in
folge, mit identischem text: im ersten durchgang ist märz der aufgedrehte,
chaotische und hanna die liebevolle, naive; im zweiten durchgang ist sie die
unruhige und er der ausgelaugte. dieser perspektivenwechsel ist eine
schauspielerische meisterleistung. er macht deutlich, wie subjektiv die grenzen
zwischen gesund und krank verlaufen, in der gesellschaft und beim einzelnen.
märz verbrennt sich als christus in der krone eines apfelbaums (erfährt man aus
dr. koflers akten). eine schwierige, eine traurige geschichte, die durchaus
auch ihre hellen seiten hat: manchmal ist ich auch sehr leicht.
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