regisseur
hans neuenfels war mal ein provokativer geist. war mal. bei den zürcher
festspielen zeigt er sich jetzt von der ganz und gar zahmen seite und blättert
mit uns gemütlich im wagner-album. „richard wagner – wie ich welt wurde“ heisst,
ziemlich ambitioniert, neuenfels‘ beitrag zum wagner-jahr, ein potpourri von
biographischen und musikalischen episoden aus des komponisten zürcher zeit, kunterbunt angerichtet mit opern- und schauspielstars im schiffbau. robert hunger-bühler
spielt den komponisten eindimensional durchgeknallt, ein widerling, der seine
umgebung ohne unterlass tyrannisiert und sich zu seiner eigenen
lohengrin-ouverture am boden wälzt und aufgeilt bis zum feuchten ende – man möchte
das so genau weder wissen noch sehen. um wagners grössenwahn werden inmitten
putziger bergkulisse seine affären, seine gegner, seine mentoren drappiert; in
seinen fieberschüben schauen otto wesendonk, gottfried keller und charles
baudelaire vorbei, es gibt da ein bonmot, dort eine arie, da einen
briefwechsel, dort ein duett. wagners leben als variété. der disput um sein
grässliches pamphlet „über das judentum in der musik“ wird in so einem umfeld zur weiteren
nummer degradiert. es fehlt dem abend an intellektueller tiefe und dramaturgischer
stringenz. was bleibt, ist eine nicht wirklich inspirierte und inspirierende
mischung aus wikipedia und (immerhin hochkarätigem) wunschkonzert. die zürcher festspiele bescheren uns hier die denkbar luxuriöseste variante einer volkshochschul-veranstaltung.
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