Dienstag, 22. November 2011

AMBACH: WO'S NOCH SO RICHTIG BIERBICHLERT

im bus von starnberg nach ammerland sitzt vor mir ein älteres ehepaar, das ununterbrochen redet, keine sekunde pause, der total inkontinente dialog. und weiter hinten ein anderes, ebenfalls älteres paar, das sich gar nichts mehr sagt. was ist nun schlimmer? das wäre eine interessante frage, allerdings nicht an einem so traumhaft schönen herbstnachmittag am starnberger see. beim marsch dem wasser entlang freue ich mich, dass das südostufer so ganz anders ist als das nordwestufer: statt luxus-rennpferde gibt’s hier noch kühe, statt zen-gärten weite moore, statt mercedes-s-klasse einfache vw-transporter, statt burn-out-kliniken landschulheime, statt kunstobjekte von der schwägerin schlichte wegkreuze, statt hollywood-schaukeln stehen holzbänke in den gärten. einfache holzbänke zum beispiel auch im garten beim „fischmeister“ in ambach. das ist das gasthaus, das dem schauspieler josef bierbichler gehört. und es sieht von aussen ausgesprochen vielversprechend bierbichlerisch aus. leider ist am dienstag ruhetag – das leben ist voller überraschungen, wenn man mal nicht vorgängig das internet konsultiert. hier, in dieser „seewirtschaft in bayern“, spielt bierbichlers neuer roman „mittelreich“. ein gewaltiges generationen-buch. seine grandios grollende barocke sprachmacht erinnert an die frühen romane von gerold späth. der bierbichler ist nicht nur ein grossartiger schauspieler, er kann auch schreiben. „die erde ist keine heimat“, heisst der zweitletzte satz in seinem roman. der zweitletzte, nicht der letzte.

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