der
wahnsinn lauert um uns, der wahnsinn lauert in uns: sechs tänzerinnen
(w/m/d) und drei schauspieler (w/m/d) zucken hochfrequent, jucken in die
höhe, sie rotieren und rasen und verkrampfen sich, dauererregung,
dauerpanik. "voodoo waltz for epileptics" ist ein fiebriger text der
slowenischen autorin janja rakuš über menschen im amsterdamer
rotlichtviertel, einsame, traumatisierte, abhängige, verzweifelte - und
alle: epileptiker. zu sehr sinnlichen, meist sphärischen kompositionen
von amos ben-tal entwickelt das holländische geschwister- und
choreografenpaar imre und marne van opstal im schauspielhaus bochum
daraus jetzt einen atemlosen reigen aus worten und bewegungen, aus
ekstase und erschöpfung. "der schmerz ist ein lehrer", heisst es einmal,
der schmerz dominiert alles. der eine will sich mit bibelpsalmen und
der jesus-daily-app davon befreien, ein anderer mit sexarbeit bis zur
besinnungslosigkeit, wieder eine im medikamenten- und drogenrausch. jede
tanzsequenz eröffnet neue dimensionen dieser neurodiversität:
überreizungen und grenzüberschreitungen finden ihre form in aufregenden
und nie gesehenen bewegungsmustern, die körper als ihre eigenen
schatten, als erinnerungen, als sehnsüchte. von diesen bildern geht eine
schwindelerregende kraft aus und - das ist ihre grosse qualität - nie
hat diese sehr private, intime choreografie etwas voyeuristisches oder
peinliches. man fühlt sich diesen menschen plötzlich ganz nah, denn sie explodieren an dem, was bei uns
anderen vielleicht auch explodieren möchte oder sollte: verdrängtes,
vergessenes, verletzendes. "voodoo waltz" zeigt das leben als geheimnis
und gefängnis. betroffenheit im publikum, und dann langer jubel.
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