Freitag, 1. Juli 2022

MILANO: USELESS BODIES?

das ist ein raum, der angst machen kann oder zumindest beklemmung auslöst: fensterlos, grau, 70 arbeitsplätze, 70 bürostühle, 70 bildschirme, 70 tastaturen – und kein einziger mensch. dafür ist die frontwand ein riesiger spiegel, der das grauen noch verdoppelt. in einer der bürozellen klebt immerhin noch eine kinderzeichnung, in einer anderen steht ein vertrockneter kaffeebecher: letzte zeichen, dass da tatsächlich mal jemand gearbeitet hat. „garden of eden“ lautet der ironische titel dieser installation, die wir unweigerlich mit der pandemie in verbindung bringen, die das dänisch-norwegische künstlerduo elmgreen & dragset aber bereits davor konzipiert hat. dieser raum ist teil ihrer grossen und grossartigen ausstellung „useless bodies?“, mit der sie in der fondazione prada in mailand mehrere hallen und den freiraum dazwischen bespielen. mit verstörenden und oft auch witzigen installationen und skulpturen illustrieren die beiden, wie unsere körper in der postindustriellen realität immer unwichtiger werden, unsere physische präsenz immer überflüssiger. immer grössere teile unseres alltags laufen zweidimensional, digital, selbst das zwischenmenschliche wird in die virtuelle welt entsorgt. elmgreen & dragset denken diese entwicklung mit ihrer offensichtlichen lust am dystopischen zu ende. ein swimmingpool, mal noch ein magnet für körperliche ertüchtigung, steht leer und verrottet, mehrteilige leichenkühlschränke stehen bereit, in der ganzen ausstellung gibt es durchaus immer wieder figuren, aber keine einzige interaktion zwischen ihnen. können wir das wirklich wollen? die botschaft von elmgreen & dragset ist klar: nein, aber wir sind auf dem besten weg dazu.  

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