pechfarbenes,
volles haar, eine ruhige, besonnene stimme und ein schwarzes, mit leuchtend
roten rosen über und über besticktes kleid – wie eine trauernde diva geht sie
immer und immer wieder über die bühne, mal im halbdunkel, mal im licht, mal
beobachtet sie nur, mal spricht sie ein paar sätze in farsi. sihem ist ein
todesengel, eine palästinensische selbstmordattentäterin, die sich neben einer
kindergeburtstagsparty in einer israelischen shopping mall in die luft gejagt
hat. wenn die iranische schauspielerin mahin sadri als tote sihem jetzt so umhergeht, ist sie ein schatten
ihrer selbst und mahnmal in einem. auf der bühne der münchner kammerspiele
steht und dreht sich ein langer tisch, er ist operationstisch, kantinentisch, verhörtisch,
familientisch. er ist das zentrum von amir reza koohestanis inszenierung der
„attentäterin“ von yasmina khadra. warum sprengen sich immer häufiger auch
frauen in die luft? warum sihem, die in besseren kreisen verkehrt? selbst ihr
mann amin, ebenfalls palästinenser und erfolgreicher chirurg in israel, ist
ahnungslos; thomas wodianka zeigt ihn als sympathischen, trotz karriere
keineswegs überheblichen kerl, den die verzweiflung an die grenzen des
wahnsinns treibt. der grossvater, die nichte, die schwester, der schwager,
fragen, fragen, fragen, keine antworten. die einen glauben etwas zu wissen,
andere leiden, weil sie nichts wissen. sihem, das grosse rätsel, sitzt manchmal
stumm mit am tisch. gegen was richtet sich ihr widerstand? koohestani will mit
seiner inszenierung nicht den nahost-konflikt erhellen. er will mit seinen
durchaus auch poetischen bildern, dass wir den dunklen seiten nachspüren, auch
unseren dunklen seiten. irgendwann knallt die finale bombe. black-out. was
bleibt, ist dieses bild: eine schöne, selbstbestimmte, geheimnisvolle frau.
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