Samstag, 3. Februar 2018

ANTWERPEN: PELLÉAS ET MÉLISANDE

eine schöne frau steht vor uns, im halbtransparenten kleid und mit langen blonden haaren, zerbrechlich und irgendwie verklärt. hinter ihr planeten und kometen, das ganze firmament. mélisande scheint nicht von dieser welt zu sein. wo kommt sie her, wo will sie hin? "ne me touchez pas, ne me touchez pas", singt sie. sie ist mit golaud verheiratet, liebt aber seinen bruder pelléas und wandelt deshalb zwischen eifersucht und entfremdung auf stillen, umschatteten pfaden. diese frau bleibt ein geheimnis, uns und auch sich selber. maurice maeterlinck und claude debussy erzählen die geschichte von "pelléas und mélisande" mit vielen symbolen: wald, mond, grotte, brunnen. die performance-künstlerin marina abramović holt in ihrem konzept für die oper in antwerpen noch weitere hinzu: die planeten werden zu augen, die ins innere der menschen schauen, ihre bühne ist ein spiegel, darauf riesige kristalle (oder sind es eisbrocken?). dazu entwickelt das regie/choreografie-paar sidi larbi cherkaoui und damien jalet mit sieben jungen männern ein wuchtiges ballett, das die nöte der protagonisten körperhaft und bildstark begleitet und verstärkt; am eindrücklichsten, wenn sie aus dem langen haar von mélisande immer wieder ein weites netz spinnen, in dem sich alle verfangen. alles für sich klug gedacht und stimmig, in der summe allerdings eine symbolismus-flutwelle. die lenkt immerhin davon ab, dass der argentinische dirigent alejo pérez mit bläsern und streichern immer eine spur zu üppig aufträgt und die letzten nuancen des debussy-klangs, das feine flirren, nicht wirklich hinkriegt. das starke zentrum dieser disparaten welt sind die drei hauptdarsteller (mari eriksmoen, jacques imbrailo, leigh melrose). mit grosser stimmlicher ausstrahlung und darstellerischer präsenz bewegen sie sich schlafwandlerisch und subtil durch das dickicht von melodienbögen und reizüberflutung, einsam mit ihren gefühlen und ihren geheimnissen, lost in universe.

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