Samstag, 13. Januar 2018

BASEL: ELEKTRA, TRAUMA TOTAL

ein trauma-schocker! elektra kann die ermordung ihres vaters agamemnon durch die mutter und deren geliebten nicht verarbeiten und will die beiden durch ihren bruder hinrichten lassen. "where is papa?" steht auf die blutverschmierten wände gekritzelt. bis sie ihr ziel erreicht, taumelt sie durch diese blutige szenerie, erdrosselt puppen, küsst das bild ihres vaters, macht sich an den herabhängenden kadavern der tieropfer zu schaffen, hantiert mit einer kettensäge, ritzt sich mit einer überdimensionierten schere arme und beine. das zimmer ihrer kindheit wird zum schlachthaus. familientrauma total, alle sind täter, alle sind opfer. die inszenierung, die david bösch 2014 für antwerpen schuf und die am theater basel jetzt mit neuer besetzung übernommen wurde, ist eine überaus deftig illustrierte psychoanalyse. das ist gut so, denn anders als mit derart massiven und verstörenden bildern ist der bombastisch-radikalen musik von richard strauss, die immer wieder die grenzen zum lärm und zur dissonanz streift, wohl gar nicht beizukommen. rachel nicholls als elektra (ihr rollendebut, eine wahnwitzige dauer-ekstase), ursula hesse von den steinen als ihre kalte, zutiefst verunsicherte mutter klytämnestra und pauliina linnosaari als ihre schwester chrysothemis bewältigen ihre mörderischen partien hinreissend: sie alle gehen stimmlich bis zum äussersten, wenn sie in diesem zunehmend bluttriefenden angst- und wutraum gegen den schmerz in ihrer seele ansingen. und auch vor dem sinfonieorchester basel unter erik nielsen, das mit sattem klang noch die monströsesten triebe und gedanken ausmodelliert, hätte richard strauss wohl den hut gezogen. stürmischer applaus für alle beteiligten.

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