es wird zappenduster im cuvilliéstheater, schrille
jahrmarktsmusik, die bilder dazu stellen sich im kopf gleich ein, dann mitten in die dunkelheit ein knall: deutschland
1923, hyperinflation. licht, leere bühne, nur vier sich nach hinten verjüngende
neonrahmen. in diese maximal abstrakte umgebung inszeniert anne lenk ingmar
bergmans filmdrehbuch „das schlangenei“. reduktion auf das
wesentliche, die figuren, die sprache – und die sprachlosigkeit. im zentrum stehen die jüdischen brüder abel und max
rosenberg und dessen frau manuela, drei erfolgreiche zirkusartisten, denen zunächst wegen
einer verletzung, später wegen mysteriösen morden in ihrer umgebung arbeit,
geld, lebensinhalt abhanden kommen. nach dem selbstmord von max fällt abel in
eine uferlose lethargie. franz pätzold spielt diesen tingeltangelkünstler im
brokatbesetzten samtkittel nie zu schmierig, auch im suff einigermassen
kontrolliert, aber angesichts der sozialen isolation und der sich rundherum anbahnenden ungeheuerlichkeiten
völlig unfähig,
aktiv zu werden. er raucht kette und dreht
zunehmend nervös die billigen ringe an seinen fingern. auch polizeiinspektor
bauer (oliver nägele, erfreulich differenziert), der im allgemeinen chaos eine insel
der vernunft bewahren möchte, läuft mehr und mehr ins leere. der albtraum endet
nicht. abel kriegt arbeit im institut von hans vergérus und realisiert, dass
hier aussortierungsexperimente mit menschen gemacht werden. die
nationalsozialistische vernichtungspolitik schleicht sich an („es ist wie ein
schlangenei. durch die dünnen häute kann man das fast völlig entwickelte reptil
deutlich erkennen“). eine welt am abgrund, pätzolds abel wird immer fiebriger. jahrmarktsmusik. noch schriller. ende.
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