Mittwoch, 20. September 2017

VENEZIA: BIENNALE DER ENTSCHLEUNIGUNG

die basilica di san giorgio maggiore auf der kleinen insel gegenüber dem markusplatz in venedig ist ein meisterwerk von andrea palladio. in diesen prachtvollen klassizistischen raum hat michelangelo pistoletto 18 hochformatige spiegel gehängt. 18 spiegel in einem kreis. 18 spiegel, die sich in der zugluft auch mal bewegen. der betrachter steht in diesem kreis, sieht sich da und dort, geht umher, sieht andere, sieht vieles plötzlich von einer anderen seite, kann manchmal nicht mehr unterscheiden zwischen den echten menschen und den gespiegelten. „love difference – vielfalt lieben“ hat der 84jährige pistoletto diese installation genannt. man muss sie nicht einmal wie er religiös verstehen, um sie genial zu finden: eine etude über wahrheit und wahrnehmung, ein einfacher, verspielter, tiefsinniger einstieg in diese biennale. anschliessend machen wir 12‘771 schritte durch die kunst dieser welt. die biennale 2017 wirkt auf uns überladen bis vollgestopft und zeigt erstaunlich viel unpolitisches, viel aufgewärmtes, viel dekoratives, viel buntes, viel banales (bitte, bitte einfach keine farbigen stoffballen und stoffbahnen und fadenknäuel mehr, die den ach so kunterbunten reichtum dieser welt illustrieren und verherrlichen). eine überdosis kontemplativer videos lässt immerhin ein zentrales anliegen festmachen: das bedürfnis nach entschleunigung. ein bedürfnis, das künstlerinnen und künstler und publikum zu teilen scheinen, denn dort, wo fast oder gar nichts passiert, harren die betrachter in scharen und am längsten aus. die magie des nichts. auch ein erfolg.

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