willkommen
in dr. mörgelis medizinhistorischem museum: ein paar unappetitliche körperteile
lauern in den schaukästen und da und dort auch flattervieh, dazwischen
monströse käfige. der belgische regisseur wouter van looy hat sich da was
hübsches ausgedacht für „die zauberflöte“ am luzerner theater. der düstere
fiesling, der in dieser grümpelszenerie menschenexperimente durchführt, ist mozarts
überschätzter freimaurer sarastro; vuyani mlinde gibt ihn mit voluminösem, nicht
konsequent treffsicherem bass als kalten fanatiker und kontrollfreak. die
erotik- und gewaltphantasien sind in dieser volksoper ja durchaus schon angelegt,
in der luzerner inszenierung werden sie aufs lustvollste ausgekostet und
bebildert. pamina und tamino sehen bei ihrer feuer-und-wasser-prüfung aus wie
die verklemmten verlobten janet und brad in der rocky horror picture show, monostatos
gibt den gfürchigen joker aus „the dark knight“, die königin der nacht wird als
klon von italiens pornosternchen ilona staller vorgeführt und papageno singt in
seiner verzweiflung auch mal lehár statt mozart ("hast du dort oben
vergessen auch mich?“). das sieht und hört sich nicht nur kurzweilig an,
sondern ist durchaus im sinne des erfinders, denn mozart wollte mit seiner
letzten oper das ganze universum menschlicher regungen und rätsel streifen.
also wird der fundus hemmungslos geplündert, die widersprüche sind im preis
inbegriffen. dazu findet chefdirigent clemens heil mit dem luzerner
sinfonieorchester einen vitalen, jungen mozart-ton, wobei ihm allerdings piano
und legato weitgehend abhanden kommen; diese harte unterlage lässt viele stimmen
dann doch seltsam glanzlos klingen. glanzlos – hier aber beabsichtigt – auch das
finale: sarastro erwürgt die königin der nacht auf offener bühne, ihre tochter
pamina lässt tamino tamino sein und flieht entsetzt aus dr. mörgelis
gruselkabinett. kein weihnachtsmärchen, kein happy-end.
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