Sonntag, 21. Februar 2016

ZÜRICH: HEXENJAGD

grobe stoffe, grobe muster: die kostüme weisen in ein vergangenes, ländliches amerika. dieses amerika hat platz auf einem sandigen rechteck in der zürcher schiffbauhalle; das publikum sitzt auf allen vier seiten, dicht dran. die "hexenjagd" ist angesagt, die auf tatsächlichen ereignissen in massachusetts im jahr 1692 basiert und von arthur miller 1953 als parabel zur zeit der grossen kommunistenhatz geschrieben wurde. regisseur jan bosse verzichtet verdienstvollerweise auf eine aktualisierung mit dem holzhammer, die bezüge ins jetzt stellen sich im kopf auch so sofort ein. mädchen, die im wald nackt tanzen, bringen ein ganzes städtchen durch- und hintereinander, keine traut keinem mehr, denunziation und eskalation total. das hervorragende schauspielhaus-ensemble holt sich den teufel subito in die mitte, mit schärfe und tempo wird die hysterisierung auf die spitze getrieben, die eigendynamik dieses alle-gegen-alle brutal ausgekostet. bis zur pause. dann setzt bosse, der exorzismus hat's ihm zu sehr angetan, plötzlich auf effekte en masse: birken verfärben sich blutrot, trockeneisschwaden werden über den sand gejagt, grabkreuze unter scheinwerferblitzen in den boden gerammt, der pastor mutiert zur pastor-karikatur - man wähnt sich in einem musical. und das hochpräzise, detailgenaue ensemble säuft total ab in dieser plakativen orgie, weg ist die dichte der ersten hälfte, weg ist die dringlichkeit des stoffes. so schnell geht das.

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