staatspräsident
sergio mattarella betritt mit entourage die königsloge. der botox-gesättigte
saal erhebt sich und applaudiert. dirigent roberto abbado setzt an, nicht zur
ouverture, sondern zur italienischen nationalhymne. der botox-gesättigte saal
erhebt sich erneut und singt ergriffen mit. eine opernpremière als staatsakt.
geehrt wird starregisseur luca ronconi, der am 21.februar 83jährig starb. er
hätte diese "lucia di lammermoor" an der opera di roma inszenieren
sollen; das konzept stand, die proben allerdings konnte er nicht mehr leiten.
seine mitarbeiter übernahmen. das resultat: zwiespältig. auf der positiven
seite die bühnengestaltung, die sich jedem realismus widersetzt und
eindrückliche psychologische räume schafft, hell und hoch und trotzdem ausweglos
wie ein kerker, ein kloster, ein kastell. hier gibt es kein entrinnen, für
lucia nicht (die aus familienräson den falschen mann heiraten muss) und ebenso
wenig für all die drahtzieher, die sie umgeben. doch dieser visuelle ansatz
findet im szenischen keine entsprechung. die protagonisten, eh schon ziemlich
steif gehalten in den kostümen aus der schaffenszeit von donizetti, werfen sich
in die konventionellsten opernposen, da entsteht keine spannung zwischen den
figuren, viel plumpes rampensingen, nix raffinierte psychologie - das kann
ronconi so nicht gewollt haben. jessica pratt (lucia), marco caria (enrico) und
stefano secco (edgardo), deren leidenschaftliche stimmen prächtig harmonieren,
verleihen dem abend immerhin eine ganze reihe vokaler glanzlichter. ein
stimmenfest für den toten regisseur.
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