ein
grosser dunkler raum. im alten teil von zaha hadids maxxi in rom hängen fünf
zimmerhohe screens unregelmässig angeordnet in der schwarzen leere. darauf ein
paar vereinzelte menschen in einem einst repräsentativen, mittlerweile
heruntergekommenen festsaal, fahles licht von aussen, die offensichtliche
inszenierung einer belasteten zeit: auf einem bildschirm sitzt eine ältere frau
auf einer bettkante, ein mann wie ein beichtvater ihr gegenüber; auf einem
anderen ein jüngerer mann grübelnd an einem alten schreibtisch; stille,
schweigen, keine bewegungen. zu dieser bleiernen ereignislosigkeit lassen die
beiden albanisch-italienischen videokünstler adrian paci und roland sejko auf
der tonspur briefe lesen, briefe aus der zeit nach 1943, als über 20'000 italiener
nach der okkupation für jahre in albanien festgehalten wurden und keinen
kontakt zur heimat haben durften. es sind briefe von angehörigen, geliebten,
müttern, brüdern. zunächst überrascht, solange nichts zu hören, dann
verzweifelt, dann hoffnungslos. "dopo mesi e mesi che non ho più notizie
del tuo arrivo, non posso più nascondertelo, tuo padre è morto otto mesi
fa." und in der letzten phase versuchen sie sich mit dem unausweichlichen
zu arrangieren, weil zum beispiel entscheidungen nicht länger aufgeschoben
werden können, weil grössere ausgaben beschlossen werden müssen. es sind
briefe, die ihre empfänger nie erreichen. briefe ins leere. auch umgekehrt,
auch die post aus albanien gelangt nicht nach italien. zwei länder, keine 100
kilometer und doch durch die geschichte welten voneinander entfernt. die säcke
mit all den ungelesenen briefen wurden erst jahrzehnte später im albanischen
staatsarchiv entdeckt. jetzt liegen diese briefe im maxxi, am eingang zum
grossen dunklen saal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen