keine
party und kein abend mit freunden, wo genija rykova diesen satz nicht hören
muss: „sing mal was auf russisch!“ rykova ist schauspielerin am residenztheater
in münchen und hat sibirische wurzeln. jetzt erfüllt sie diesen wunsch gleich
abendfüllend, tritt im marstall mit timoschenko-frisur und im aufreizend
knappen glitterschwarzen auf, nicht als genija rykova, sondern als irina
klischevetskaja. und singt sich, nomen est omen, ironisch den ganzen klischees
entlang, singt all die volkslieder und schlager von bären und beeren und
birken am baikalsee, von aufgeschlitzten müttern und dem mann mit der axt. mit samtener
stimme kostet sie all die zisch- und schlürflaute ihrer muttersprache lustvoll
aus und die melancholie fliesst ihr literweise über die lippen. ein ganz und
gar unpolitischer abend also. begleitet wird genija/irina von einer formidablen
vierköpfigen jazzformation (die sie als ihre vier sibirischen brüder
vorstellt), was die russische folklore einerseits ganz hervorragend erträgt und
dem konzert anderseits, in raumgreifenden instrumentalsoli etwa, auch eine
zusätzliche, reiche dimension verleiht. zwischendurch werden russische gewürzgurken
durch die dichten publikumsreihen gereicht und wodka ausgeschenkt, nicht aus
der flasche, sondern gleich aus dem 20-liter-kanister. man könnte von russland
träumen. wenn man denn ausgerechnet jetzt von russland träumen wollte.
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