Sonntag, 12. Juni 2011

MÜNCHEN: DAS ANTI-OKTOBERFEST

„diandldrahn is a wichtigs element vo boarischn voikstänz. besondas vum schuahplattler und vo seim voagänger dem landler. in da heitign form des traditionelln gruppnplattlns draht si des diandl wia a surrende spindl um si säibst und um den buam. dabei spuit da rock a wichtige roin. er muss während’m drahn fost waagrecht in da luft liegn.“ (chiemgauer alpenverband) – feridun zaimoglu und günter senkel haben für die münchner kammerspiele einen „alpsegen“ gedichtet, der in der urbanen gegenwart die spuren der ländlichen vergangenheit sucht. das ergebnis ist knallhart, bitterbös, grenzwertig: der moderne mensch kann seine katholischen wurzeln nicht abschütteln, nicht verdrängen und er wird es nie können. das stück hat kaum handlung, dafür huscht die ganze religiöse gespenster- und terrorwelt der vergangenheit über die bühne – die heilige cäcilia, der fahle gimpel, die lange agnes, das selige fräulein, die weiz, die feurigen männer, die wäscherin an der furt. alles unscheinbare namen, hinter denen sich krater von plagen auftun, heimtücke, verklemmtheiten, drohszenarien. sebastian nüblings inszenierung entwirft dazu sagenhafte figuren, schwitzende schwerenöter, bleiche klapperer, bigotte muttchen – kurz: unsere verwandten, unsere nachbarn, uns!  „alpsegen“ ist quasi das anti-oktoberfest, die schattenseite der mainstream-folklore. sackstark. nur essen mochten wir nach dem theater nicht mehr so recht.

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