Montag, 5. Mai 2014

KRIENS: DIE REISEN DES HERRN XU

xu xixian, der heute 72 ist, arbeitete bis 2009 als reisverkäufer in shanghai. er reiste sehr gerne. eine weltreise lag leider nicht drin und auch eine reise quer durch china nicht. deshalb entschloss sich herr xu, die dörfer in der umgebung von shanghai zu bereisen. und zu fotografieren. so entstanden 40'000 schwarzweissbilder, deren entstehungsort und -zeit er in heften akribisch notierte. das museum im bellpark in kriens zeigt jetzt einen teil dieses schatzes, der einen faszinierenden blick auf die entwicklung der metropole shanghai ermöglicht. dorfansichten noch aus den neunziger jahren wirken in ihrer schwarzweissen unaufgeregtheit wie bilder aus der po-ebene um 1940: menschen mit handkarren, reisfelder, boote auf kanälen. doch dann, gegen die jahrtausendwende, bahnt sich der boom seinen weg: monströse betonbrücken queren ungeteerte landstrassen, shoppingmalls wuchern auf landwirtschaftsland, wolkenkratzer neben holzhütten. es sind brachiale eingriffe. herr xu schafft es immer wieder, zwei welten, die gegensätzlicher nicht sein könnten, auf ein bild zu bannen. und obwohl er nur dokumentieren will, drängt er permanent zur frage, was mit menschen passiert, die in derart schwindelerregendem tempo in eine andere zeit katapultiert werden. eine serie mit 15 bildern von 15 alten bäumen gibt indirekt eine antwort: man liess diese bäume zwar stehen, inmitten der bauwut, sie bewahrten ihre stolze form, doch es ist ein staubiger, lebloser stolz.

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