jeanne d’arc hört stimmen. immer mehr, immer deutlicher: „dancing – dying – controlling – fighting.“ was das mit ihr macht, verdeutlicht sven schelker mit einer phänomenalen performance: in weissem top, weissen strümpfen und karierten shorts steht er als jeanne an der rampe im basler schauspielhaus und feuert wortsalven ins publikum, minutenlang, englisch, staccato, immer hektischer, immer fiebriger, bis zur schieren erschöpfung: „johanna – burn – baby – burn.“ man blickt in den kopf dieser frau. doch wer ist sie? weiss sie es selber? die belgische regisseurin lies pauwels liess sich von schiller, shaw, anouilh und brecht inspirieren und sucht jetzt mit ganz eigenen worten nach jeanne und allem, was um sie im dunklen blieb: „jeanne dark“ ist ein konzentrat, ein hochkarätiges. auf der praktisch leeren bühne und mit nur minim eingesetzten requisiten wird der zuschauer zeuge einer spurensuche: sie wollte frankreich vor den engländern retten und landete 1431 auf dem scheiterhaufen, macht sie das zur heldin? zur heiligen? ist sie jungfrau? hure? hexe? eine träumende teenagerin? warum trägt sie männerkleider? sven schelker als jeanne, dominic hartmann als mutter und kirche, julian anatol schneider als vater und staat und zwei laiendarstellerinnen suchen immer wieder neu nach der richtigen position im raum und in der geschichte, sie stellen fragen, sich und auch uns, so viele fragen wie noch nie an einem theaterabend. nicht die antworten sind für lies pauwels entscheidend, sondern die fragen entwickeln in diesem setting eine immense kraft: „würdest du mir folgen, wenn ich nicht wüsste wohin?“ im suchen, im nachdenken entsteht ein ganz frisches, heutiges porträt von jeanne, ohne eindeutigkeiten und doch überaus plastisch. fast beiläufig sagt schelkers jeanne einmal: „ich möchte eine frau sein, die man nicht vergisst.“ diese inszenierung hilft dabei.
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