einen verwunschenen wald braucht die holländische regisseurin jetske mijnssen nicht, um das tragische märchen von pelléas und mélisande zu erzählen, auch auf das nebelverhangene meer und die geheimnisvolle grotte verzichtet sie in ihrer inszenierung im rahmen der münchner opernfestspiele. diese üppige natursymbolik überlässt sie ganz und gar den melodien von claude debussy, einer seelenmusik mit suchtpotential, und verlegt die handlung stattdessen in einen grossbürgerlichen salon zur entstehungszeit der oper (1902), blitzblankes parkett, elegantes mobiliar – und doch: düster, drückend, eine atmosphäre zum ersticken. hier lauert überall der tod. vor diesem hintergrund seziert mijnssen die dreiecksgeschichte von den zwei brüdern, die die selbe frau lieben, bis zur kleinsten regung psychologisch perfekt. drei stunden verfolgt man drei menschen beim immer unglücklicher werden, immer wieder wird man an ingmar bergmans ehedramen erinnert. diese meisterleistung gelingt der regisseurin dank einer hochkarätigen besetzung: mélisande, die eine traumatische last mit sich schleppt („ne me touchez pas!“), ist bei sabine devieilhe eine frau von flirrender zerbrechlichkeit; christian gerhaher gestaltet ihren eifersüchtigen gatten golaud mit grandiosem bariton geradezu beängstigend, bis zur todbringenden raserei; ben bliss als sein bruder pelléas schafft mit hellem tenor das ganze spektrum von der anfänglich fast kindlichen liebe zu mélisande bis zur erotischen ekstase. hannu lintu dirigiert das bayerische staatsorchester enthusiastisch durch all die seelischen wechselbäder und katastrophen, zarte zwischenspiele, grosse gewitter, klangfarbenzauber total. diese musikalisch und szenisch so schlüssige deutung erleichtert den zugang zu dieser sperrigen oper voller rätsel und unschärfen aufs erfreulichste.
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