sie werfen grillierte fische durch die gegend, duellieren sich mit klobürsten, trinken billigwein aus dem tetrapack – mit improvisationstalent und schabernack verscheuchen vier künstlerisch ambitionierte jungs die trostlosigkeit ihres erfolg- und mittellosen lebens. der dichter rodolfo liebt die hoffnungslos an tuberkulose erkrankte mimì, der maler marcello praktiziert mit musetta eine zänkische on-off-beziehung. sie leben, lieben und frieren gemeinsam, irgendwo im windigen rohbau eines parkhauses. in ihrer inszenierung von „la bohème“ am luzerner theater macht lucía astigarraga, eine schülerin von starregisseur calixto bieito, aus den pariser künstlern von 1830 eine clique von heute. das funktioniert bestens, denn die grossen gefühle in giacomo puccinis melodien sind zeitlos, immer wieder überwältigend, das ist musik zum hinknien. diese produktion wird betagtere abonnentinnen und junge operneinsteiger gleichermassen begeistern. musikdirektor jonathan bloxham kostet die permanenten kontraste von liebe und kälte, von heiterkeit und todesnähe mit dem luzerner sinfonieorchester voll aus, wobei zarteste motive, die puccini nur hingetupft hat, hier eher gepinselt werden. was diese inszenierung definitiv zum erfolg macht, ist das ensemble: grosse stimmen, ungefilterte gefühle. so lebendig, so empathisch hat man diese bohème-clique noch nie gesehen. wie die zwei frauen und die vier männer gesanglich und darstellerisch hellwach aufeinander bezogen sind, wie sie sich in ihrem verschlag durch dick und dünn rangeln, wie sie aneinander verzweifeln und in entscheidenden momenten doch immer für einander da sind, das rührt tief ans herz. emotionaler bombast, ja, aber hier für einmal grandios kitschfrei umgesetzt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen