„hojotoho!“ brünnhilde tanzt mit kim de l´horizons „blutbuch“ in der hand aufreizend durch den salon, im kurzen schwarzen und mit knallorange-besohlten sneakers. „hojotoho!“ schmettert sie ihrem vater und dem publikum entgegen: auf geht´s zum grossen generationenkonflikt im hause wotan. wenn das kein spass wird! die erste freudige überraschung bei dieser „walküre“: das berner symphonieorchester unter dem jungen dirigenten nicholas carter hat seit dem „rheingold“ vor einem jahr deutlich zugelegt, spielt sich viel präziser und plastischer durch die wagnerschen wogen. dass „der ring des nibelungen“ familientragödie und soap und fantasy in einem liefert und wagner damit der urvater aller netflix-serien ist, nimmt die polnische regisseurin ewelina marciniak als steilvorlage. schlicht eine wucht, wie sie dieses spiel um macht und geld arrangiert. das clasht, schon lange vor dem knallbunten walkürenritt im dritten akt. vor einem kahlen felsen, der die verlorenheit des ring-personals unterstreicht, entwickelt marciniak starke figuren und konstellationen – grauen und schauder und intrigen und inzest, all inclusive. vor allem die frauen (yanhua liu als brünnhilde, julie adams als sieglinde, claude eichenberger als fricka) gewinnen hier massiv an profil, emanzipieren und distanzieren sich von wotan (seth carico, stimmgewaltig und perfekt artikulierend) und seinen strategien, deren einziges ziel die machterhaltung ist. vorgeschichte und innenleben dieser fallenden götter und heimatlosen menschen illustrieren marciniak und ihre choreografin dominika knapik eindrücklich mit tänzerinnen und tänzern, die die protagonistinnen und protagonisten verdoppeln und zu körperskulpturen überhöhen. „wild wiehert walvaters ross…“ und wild wiehert wagners überbordende phantasie. die fünf stunden vergehen im nu, hojotoho!
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