Montag, 12. September 2022

STANS: TAG FÜR TAG

silva-bücher – da kommen gleich erinnerungen an die kindheit hoch. silva-bücher – die konnte man mit bons erwerben, die man von schokolade- und waschmittel- und müesliverpackungen ausschneiden und einsenden musste; dann gab’s einen grossformatigen band und, separat in einem couvert, die bilder dazu zum einkleben. silva-bücher – das waren reisen in bedeutende museen und in ferne länder, lange bevor’s tv-doks und „geo“ und instagram gab. die zürcher künstlerin corinne güdemann erinnert sich vor allem an die enthauptung von märtyrern und nackte, aufgespiesste leiber, die durch eine schlucht auf ein dornengestrüpp geworfen wurden: die frührenaissance aus louvre und prado als horror für ein kleines mädchen. als ihre mutter jahrzehnte später bei einem umzug diese silva-bücher entsorgte, löste güdemann die reproduktionen heraus und kombinierte sie mit fotos, die ihr als vorlage für ihre gemalten bilder dienten. so entstanden ganz wunderliche collagen, von denen – nebst anderen werken der künstlerin – zwölf jetzt als grosse installation in der galerie stans zu sehen sind. aus bestehendem bildmaterial hat sich corinne güdemann ihre welt neu zusammengesetzt, individuell, lustvoll, absurd: kardinäle treffen auf marmorstatuen, theaterfiguren auf uniformierte, madonnen auf männliche models. güdemann sucht „tag für tag“ (so der titel der ausstellung) das poetische potential in der alltäglichen wahrnehmung: „unerwartete schönheit, eine berührende stimmung, aber auch verstörendes und irritierendes.“ das eintauchen in diese bilderwelten ist spass und anregung in einem. eine hinreissende entdeckungsreise – wie einst an den sonntagnachmittagen mit den silva-büchern.  

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