im februar wurde sie 90 jahre alt, die schriftstellerin und
bildende künstlerin erica pedretti, die in nordmähren geboren wurde und heute
in celerina lebt. das bündner kunstmuseum feiert ihren geburtstag mit einem
grossen, repräsentativen überblick über ihr schaffen als objektkünstlerin und
hat sich dafür die hellen, grosszügigen räume im untergeschoss des neubaus vom architekten
lukas furrer ganz neu inszenieren lassen: er hat dunkle balken schräg in die
räume montiert und moderne, schlichte baldachine aufgestellt, die es ermöglichen,
pedrettis filigrane, luftige wesen überall im raum schweben zu lassen. aus
draht und gips, ton und stoff, karton und schilf hat sie vögel und
vogelskelette, fliegende fische und lädierte engel gefertigt. flügel in allen
variationen ziehen sich durch dieses werk, flügel, die licht reflektieren und
schatten geben, flügel, die beschwingen und beschützen, flügel, die forttragen. daneben liegt auf
langen, niederen holztischen das zeichnerische werk pedrettis, mal abstrakt,
mal konkret, und immer genauso verspielt wie die luftdinger überall im raum. „fremd
genug“ lautet der titel der ausstellung, in anlehnung an eines ihrer bücher.
fremd genug? ein rätsel. verfremdet die künstlerin ihre eigenen ideen, um uns
anders sehen zu lassen? oder ist sie sich selber mittlerweile fremd genug
geworden nach den vielen und ganz unterschiedlichen stationen in ihrem langen leben? man
verlässt diese ausstellung nicht grübelnd, nicht schwer, sondern heiter, beschwingt,
optimistisch gestimmt, mit lust auf fremdes, neues.
Montag, 25. Mai 2020
CHUR: ERICA PEDRETTI, FREMD GENUG
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