ein klavier, ein buffet, ein kühlschrank, zwei tische, ein
altes radio. was zu beginn kreuz und quer auf der bühne des voralpentheaters in
luzern rumsteht, schieben die acht frauen und vier männer vom ensemble greyhounds,
alles laien über 60, schnell zusammen zu einem gemütlichen wohnzimmer und singen
dazu „is muetters stübeli“. wie die möbel werden dann auch die erinnerungen dieser urner
familie zurechtgerückt. „kalabrien“, das reto ambauen nach einer erzählung von
erwin koch einfühlsam inszeniert, voller tragik und voller poesie, ist eine reise in die vergangenheit, eine spurensuche. francesca
hat ihren „däädi“ geliebt und wortlos verstanden, doch warum sieht sie so
anders aus als ihre vier geschwister, so viel südlicher? alle spielen mal francesca,
ein bestechender einfall, denn die erinnerung hat immer wieder ein anderes
gesicht. was lief da vor über 60 jahren? warum verbot die mutter francesca, ins
unterdorf zu gehen, wo die italiener wohnen? warum fuhr einer von ihnen dem mädchen
immer besonders liebevoll durchs haar? warum hörte die mutter eigentlich die
sendung „per i lavoratori italiani in svizzera“? warum redet man darüber
höchstens hinter vorgehaltener hand? mit tollem gespür für rhythmus und tempo
jagen die 12 laien die erinnerungsfetzen, erzählen sich von früher, fallen sich
ins wort, spielen familienszenen nach, schmettern louis armstrong und adriano
celentano. mit diesen erinnerungen gelingt ihnen ein ebenso farbenprächtiges
wie anrührendes puzzle. nach vielen umwegen findet francesca ihren richtigen
vater in girifalco. jetzt hat sie zwei väter. die wahrheit, die erinnerungen oder
ihre gespenster – was zählt am meisten? „vola, colomba bianca, vola“, singen
sie am schluss, versöhnlich, leicht. flieg, weisse taube, flieg.
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