was für ein zauber, was für eine
eleganz, was für eine sinnlichkeit. im fensterlosen dachboden der collection
lambert in avignon trifft der besucher auf eine rote neonröhre. sie windet sich
durch mehrere hintereinanderliegende kammern, wirkt schwebend, weil sie auf
fast unsichtbaren plexiröhrchen ruht, wirkt endlos, weil eine nebelmaschine die
konturen des langen raumes verschwinden lässt, wirkt magisch, weil gedimmte
bassklänge durch den nebel wummern. eine rote, gewundene neonröhre. ist es eine
grenze, eine flüchtlingsroute, eine lebenslinie, eine börsenkurve, die da im nichts verschwindet?
ist dieses nichts der anfang oder das ziel? was verbindet diese linie, was trennt
sie? «j’ai rêvé d’un autre monde» nennt der künstler claude lévêque das werk,
das er für diesen ort geschaffen hat. eine rote neonröhre, die auf anhieb
gefangen nimmt, fasziniert und zur kontemplation nicht nur einlädt, sondern geradezu verführt. man steht oder sitzt gebannt vor dieser schönheit und dieser
schlichtheit und kann sich nicht sattsehen. un autre monde ist auch das museum
an und für sich: die private collection lambert durfte sich mit staatlicher
unterstützung in zwei prächtigen stadtpalästen einrichten, im innenhof ein von
platanen beschattetes museumscafé. eine seitengasse nur von den grossen strömen
der papstpalast-pilgerer entfernt findet sich hier eine ruhige insel der kunst,
ein kraftort für geist und seele, un autre monde.
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