Montag, 12. November 2018

VENEZIA: FREESPACE

„freespace“ lautet das motto der architekturbiennale in venedig. freiraum, freier raum, raum frei machen? was ist gemeint? alles. und noch mehr. die kuratorinnen yvonne farrell und shelley mcnamara denken in ihrem manifest auch an menschlichkeit und grosszügige möglichkeiten. der schweizer pavillon beim eingang ist ein idealer einstieg in die thematik: eine typische leere, weisse neubauwohnung, bei der aber sämtliche proportionen aus den fugen geraten, mal viel zu gross, mal viel zu klein, damit die standards hinterfragt und neu gedacht werden. genau dies zeichnet diese biennale aus: dass gesellschaftspolitische postulate durchaus spielerisch umgesetzt werden. die iren verweisen in ihrem pavillon auf das kommunikative potenzial von marktplätzen; tschechen und slowaken hoffen, dass auch in unesco-weltkulturerbe-städten wieder normales leben möglich wird; die australier füllen ihren raum mit prächtig dampfendem grünzeug; die letten zeigen selbstkritisch, was im wohnungsbau alles schief laufen kann; die russen entdecken ausgediente gleisfelder als neue stadtareale; die briten haben ihren pavillon leer geräumt und laden dafür zum tee aufs sonnendeck, pause oder neuanfang? der marathon durch diese biennale ist ein ausgesprochen sinnliches vergnügen, nicht nur für architektinnen und architekten. viele installationen könnten auch teil der kunstbiennale sein. und wie dort ist auch hier oft das einfache das bestechende: die albaner haben ein paar alte farbige holztüren in ihren raum gestellt, dazwischen und darüber baumeln hunderte von bildern mit ebenso farbigen alltagsszenen. gebt den leuten ihre freiräume, lautet die botschaft, sie werden sie kreativ zu nutzen wissen wie die albaner nach dem ende der diktatur. 

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