Sonntag, 18. November 2018

MONTRICHER: DER FUCHS, DER RUSSE, DIE LITERATUR

en bois désert lautet die adresse, waldige wüste, wüster wald. irgendwo am rand der weiten wälder der waadt, wo die schweizer armee einsam und optimistisch den endkampf gegen die russen trainiert, liegt montricher. schade, dass man das in der deutschschweiz nicht kennt, denn am oberen dorfende, also dort, wo sich der fuchs und der sich anschleichende russe gute nacht sagen, en bois désert, befindet sich seit 2013 die maison de l’écriture der fondation jan michalski. und das ist keine maison, die das verlegerpaar vera und jan michalski hier hinzaubern liess, sondern ein riesiger palast, ganz der literatur und ihren liebhabern gewidmet. man erinnert sich sofort an den pavillon du mariage an der expo.02 in yverdon: ein dominantes, von vielen schlanken säulen getragenes flachdach, hier mit riesigen emmentaler-löchern. darunter platzierten die architekten vincent mangeat und pierre wahlen – mit viel kaltem sichtbeton aussen und viel warmem holz innen – ein auditorium, einen ausstellungssaal (wo man im moment lustvoll und ausführlich der graphic novel huldigt) und eine fünfstöckige öffentliche bibliothek, mit einem umwerfend reichen angebot, mit einladenden sitzecken und arbeitsnischen, die den blick bis in die savoyer alpen schweifen lassen und bestimmt die eine und den anderen immer wieder vom arbeiten abhalten. zusätzlich gibt’s unter dem grossen dach sieben frei hängende hütten, von unterschiedlichen architekten entworfen, die als residenz-appartements für autorinnen und autoren gedacht sind. das ganze ensemble wirkt trotz seiner grösse ausgesprochen verspielt und einladend. ein ort der ruhe, ein ort zum schmökern, ein ort der inspiration. mitten in der wüste.

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